Stolpersteine geputzt

Am 8. Mai 1945 endeten mit der bedingungslosen Kapitulation der Wehrmacht die Kampfhandlungen des Zweiten Weltkriegs in Europa. Knapp eine Woche zuvor war der Krieg in Güstrow beendet worden, der fünfeinhalb Jahre zuvor mit dem von Adolf Hitler befohlenen Überfall auf Polen begann. Über 60 Staaten auf der ganzen Welt waren indirekt und direkt beteiligt und mehr als 110 Millionen Menschen standen unter Waffen. Die Opfer des Krieges lassen sich nicht zählen sondern nur schätzen. Die HistorikerInnen gehen von mehr als 80 Millionen Opfern aus. Über 6 Millionen davon waren Juden und Jüdinnen, die der Shoah mit Massenmorden, Zwangsarbeit, Verfolgungen und Demütigungen ausgesetzt waren.

Im Juli 1942 lebten in Güstrow noch 23 Jüdinnen und Juden. Sechzig Jahre zuvor waren es fast 10mal so viele. (214 JüdInnen im Jahr 1876). Ein Einbruch der jüdischen Bevölkerungszahl kam mit der Machtergreifung Adolf Hitlers ab dem Jahr e1933, als die jüdischen MitbürgerInnen der Stadt Güstrow immer mehr Einschränkungen, Repressalien und Anfeindungen ausgeliefert waren. Den traurigen Höhepunkt dieses Antisemitismus` fand in der Nacht von 9. auf den 10. November 1938 in der sogenannten Reichspogromnacht in Güstrow statt, bei dem die Synagoge in Krönchenhagen und die Trauerhalle in Dettmannsdorf geplündert und in Brand gesetzt wurde. Immer mehr Juden flüchteten aus Güstrow, bis auf die 23 Jüdinnen und Juden, die im Juli 1942 noch in Güstrow wohnten. In diesem Monat erhielten 18 von ihnen den Aufruf, sich am 10. Juli 1943 morgens am Güstrower Bahnhof einzufinden. Von dort aus kamen sie in ein Sammellager und anschließend nach Auschwitz, wo sie ermordet worden. Drei weitere ältere Jüdinnen wurden einen Tag später deportiert und kamen in Theresienstadt ums Leben. Zwei Jüdinnen überlebten in Güstrow die Shoah, weil sie in einer sogenannten „Mischehe“ mit nichtjüdischen Männern verheiratet waren.

Für einen Teil dieser Menschen, die der Shoah zum Opfer gefallen sind, liegen in Güstrow Stolpersteine, die ihnen wieder einen Namen geben, die an sie erinnern und gedenken. Neue Stolpersteine sind aktuell beantragt und werden voraussichtlich im nächsten Jahr verlegt werden können.

Damit sich solch furchtbare Taten nicht wiederholen, putzen unsere Schülerinnen und Schüler die Güstrower Stolpersteine, damit die Erinnerung an die ehemaligen jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger wachgehalten werden.

Zum Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkrieges gingen gestern die 5/6er los, um die Stolpersteine zu säubern. Zuvor hatten sie die Möglichkeit, den ehemaligen Betsaal der jüdischen Gemeinde zu betrachten und nach Relikten des jüdischen Lebens in Güstrow zu suchen. Anschließend wurden die Steine wieder blitzeblank geputzt, damit man wieder über sie „stolpern“ kann.

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